Frühlingserwachen

Passend zu dem freudigen Ereignis meiner gesicherten Graduation kam auch irgendwann das richtige Wetter. Nach dem Schneesturm Mitte März hat es noch eine ganze Weile gedauert, das Wetter war sehr wechselhaft mit Temperaturstürzen von nicht selten über zwanzig Grad innerhalb weniger Stunden (kein Witz). Wagte man an einem Tag noch vorsichtig, den Wintermantel ein kleines Stückchen weiter nach hinten im Kleiderschrank zu schieben, weil es schon länger wärmer gewesen war, wurde man am nächsten Morgen schon wieder von Eissternen auf der Fensterscheibe und einer Schneeschicht im Vorgarten begrüßt und durfte ihn gleich wieder herausholen. Dieses ständige Auf und Ab konnte einem ganz schön auf die Nerven gehen, erst recht einem so empfindlichen Gemüt wie mir. Dafür war es schnell sehr früh schon hell, was zumindest mir immer hilft, fit zu werden. Der ganze Schnee schmolz zudem natürlich nicht spurlos hinweg, ein paar mal hatten wir tatsächlich Flutwarnungen, und der meinem Haus doch sehr nahe Flus stand zeitweise deutlich höher als sonst…

 

Seit ein paar Wochen ist dann doch noch der Frühling endgültig in Binghamton eingekehrt. Die meterhohen Schneemassen sind schon seit einer ganzen Weile weggeschmolzen, die Blümchen blühen, dass es eine Pracht ist, und ich laufe mittlerweile regelmäßig im T-Shirt draußen herum. Einfach herrlich, man hat gleich eine ganz andere Laune bei dem Wetter. Ich war schon mit der Outdoor-Truppe von meiner Uni auf einer Frühlingswanderung hier in der Nähe.

Weil die fröhliche Jahreszeit ja auch immer bedeutet, nach langen Monaten der Untätigkeit mal wieder rauszugehen und sich sportlich zu betätigen, um die Sommerfigur rechtzeitig zu erreichen, gab es vor einiger Zeit hier einen Health Fair. Dort präsentierten sich allerhand verschiedene Vereine der Uni, die irgendwie mit Gesundheit, Sport, Ernährung und so weiter im Zusammenhang stehen. Für mich war die Veranstaltung vor allem durch das umfangreiche Angebot an Gratisessen interessant 😛

Der Frühling hier in Binghamton ist zwar etwas plötzlich gekommen, aber dafür umso heftiger. Mittlerweile hat es schon weit über zwanzig Grad und die Sonne scheint dauerhaft, es ist schon beinahe wie im Sommer. Heute war ich mit Alex und seinem Kumpel Tom etwas (deutsches!) zu Abend essen und wir konnten tatsächlich schon draußen sitzen und uns die Moskitos um die Ohren schwirren lassen. Das hat sich doch schon so richtig wie Sommer angefühlt…

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Back from the Dead

Nach einer halben Ewigkeit gibt es mal wieder ein Update von mir. nein, ich bin nicht von irgendwelchen Schneemassen verschlungen worden oder sonst wie vorzeitig aus dem Leben geschieden. Es tut mir auch furchtbar leid, so eine lange Schreibpause eingelegt zu haben, man mag es mir nachsehen. Die Gründe waren vielfältig. Zum einen war ich seit Mitte März mit diverser (exorbitant intensiver) Unilernerei eingespannt, zum zweiten in der Weltgeschichte unterwegs und zum dritten durch die ersten beiden Faktoren auch ein bisschen zu faul für andere Dinge wie Bloggen. Asche auf mein Haupt. Doch der Reihe nach.

Kurz nach dem Einfall von Stella im März standen meine Midterms an, diesmal waren es zwei, die ich zu meistern hatte. Dadurch waren die schneereichen Wochen gar nicht mal so eine Katastrophe, da ich sowieso die meiste Zeit eingesperrt war und lernen musste. Immer positiv bleiben. Nach den Midterms kam ich direkt vom Regen in die Traufe, da ich mir so langsam ernste Gedanken um meine mündliche Abschlussprüfung machen musste, die man in Binghamton anstatt einer Masterarbeit zu absolvieren hat. Zwei Stunden, mit drei bis vier Professoren über sämtliche Fächer die ich in den letzten beiden Semestern gehört habe, sowie auch denjenigen, die ich aus Ulm anrechnen lasse (Kryptologie und Risikotheorie). Zum Glück hatte ich schon eine Vorstellung davon, bei wem ich die Prüfung machen wollte, und musste mir von den entsprechenden Leuten nur noch das ok holen, das ich auch problemlos bekam. Der Papierkram war auch verhältnismäßig schnell erledigt und somit konnte ich direkt den spaßigen Teil angehen: Die Vorbereitung. Üblicherweise bereiten sich die Binghamtoner Masterstudenten ein Semester lang fast ausschließlich auf diese eine mündliche Prüfung vor, zumindest dem Studienplan nach. Die meisten fangen zumindest deutlich früher mit dem Lernen an als ich, und zwar spätestens in den Winterferien. Da ich ja anstatt von zwei Jahren nur ein Jahr für meinen Master habe, wollte ich nicht direkt nach meiner Ankunft mit der Vorbereitung anfangen, wie denn auch, wo ich doch noch kaum eine Vorlesung, über die ich geprüft werden würde, überhaupt schon gehört habe.

Und so stand ich vor dem nicht geringen Aufwand, innerhalb von knapp einem Monat den Stoff von gut zweieinhalb Semestern in mich hineinzufressen. Dass das eine gewisse Strategie und Selektion des Stoffes erfordert, ist selbstverständlich. Und Gott sei Dank waren meine Professoren auch so verständnisvoll und hilfsbereit, mir gute Tipps zu geben, auf welche Themenbereiche ich mich denn besonders konzentrieren sollte und was denn so typische Fragen in einer mündlichen Prüfung sein könnten. Zum zweiten suchte ich mir Verbündete, mit denen man diese Aufgabe gemeinsam meistern könnte. Außer mir gab es natürlich noch eine Handvoll anderer Studenten, die sich einer mündlichen Prüfung stellen mussten, und einige von ihnen waren in genau den Fächern stark, in denen ich vom Verständnis hinterherhinkte. So konnten wir uns ein paar Mal zu mehrstündigen Nachhilfeexzessen verabreden, in denen wir meine Fragen durchgingen und in denen meine Lernkurve ganz besonders steil verlief.

Für einige Fächer (insbesondere in der Statistik, in der sich außer meiner Wenigkeit wohl kein Mathematiker in Binghamton zu vertiefen scheint) war ich jedoch auf mich allein gestellt, und schlug mir so manchen Tag bis spätabends in meinem Büro um die Ohren (Trotz Konzertveranstaltungen und Farbschlachten auf dem Campusgelände). Dass das auf Dauer an die Substanz und insbesondere die Nerven geht, ist selbstverständlich. Und so erwartete ich außer mit schrecklicher Nervosität auch mit ein wenig Erleichterung den 25. April, an dem ich meine Herausforderung zu meistern hatte. Man darf zudem nicht vergessen, dass ich neben der ganzen Lernerei quasi nebenbei noch ein Vollzeitsemester zu stemmen hatte, meine Hausaufgaben und Vorlesungen sowie meine Teaching Assistantship liefen natürlich alle ganz normal weiter. Zumindest hatte ich zwischendrin eine Woche Spring Break, aber dazu ein anderes Mal mehr.

Am Tag der Prüfung war ich verständlicherweise so nervös wie andere vielleicht vor ihrer Hinrichtung, ich konnte die Nacht davor nicht gut schlafen und mein Magen war wie zugeschnürt.  Am Ende verlief jedoch alles gut, meine Profs waren überaus nett und stellten sehr faire Fragen, wie ich zugeben muss. Die Atmosphäre war recht schnell entspannt und die Aufregung löste sich zum größten Teil auf. Alles in allem hat die ganze Lernerei sich ausgezahlt und aller Voraussicht nach darf ich mich in wenigen Wochen nach der Graduation schließlich mit dem ehrenvollen Titel „Master of Arts“ schmücken. Was für eine Freude (man sieht es mir direkt nach der Prüfung wohl an), die natürlich gebührend begossen wurde!